Zeiler Baudenkmäler

Obere Heppengasse 4

  • Obere Heppengasse 4 - Fachwerkgiebel

    Obere Heppengasse 4

  • Obere Heppengasse 4 - Fachwerkgiebel

    Obere Heppengasse 4, Bader Beck (s. "Gschichtli und Geschichte")

  • Obere Heppengasse 4 - Fachwerkgiebel

    Obere Heppengasse 4, Sinnspruch

Brech

Gebaut wurde dieses Fachwerkhaus wohl um 1600, erstmals erwähnt wird es 1764. Das kleine Anwesen wurde bis Mitte des 20. Jahrhunderts abwechselnd von Handwerkern oder Bauern genutzt, aber auch von Badern und Ärzten. Seitdem ist es reines Wohnhaus.
Das Erdgeschoss ist massiv und verputzt, das Obergeschoss weist Zierfachwerk auf. Die stichbogigen Fensterrahmungen im Erdgeschoss sind aus Sandstein.

Wie auf Bild 2 ersichtlich sah dieses Haus um 1900 noch ganz anders aus. Es war wie so viele andere Zeiler Fachwerkhäuser komplett verputzt. Damals wohnte, wie aus der Aufschrift zu entnehmen ist, der Uhrmacher Peter Beck hier. Dieser war außerdem - neben etlichen anderen Berufen - Bader, also eine Art Heilpraktiker und Frisör (s. u. den Text Ludwig Leisentritts bei "Gschichtli und Geschichte"). Das Barbierbecken am Hauseck neben dem Uhrmacherschild weist darauf hin. Später praktizierten in dem Haus sogar "richtige" Ärzte, wovon noch heute der Äskulapstab am Tor Zeugnis gibt. Auch der Sinnspruch an der Giebelseite (Bild 3) ist in dieser Tradititon zu sehen.

"Bader Beck" - ein Text von Ludwig Leisentritt:

Ludwig Leisentritt: Bader Beck (aus "Zeil in alten Bildern")

Mit 20 Jahren erlernte Peter Beck das Bader- und Uhrmacherhandwerk und machte sich 1888 selbständig. Bis er 1910 in die Hauptstraße verzog, hatte er im heutigen Anwesen Münnich in der Oberen Heppengasse seine Werkstätte. Beck war ein vielseitiger Mann, der nicht weniger als sechs Tätigkeiten ausübte: Bader, Uhrmacher, Frisör, Landwirt, Musiker und Totenbeschauer . Die meisten heutigen Handwerksbetriebe unterscheiden sich im Prinzip kaum von ihren mittelalterlichen Vorgängern. Dagegen hat der Frisörsalon erst in den letzten hundert Jahren seine heutige Form gewonnen. Früher bemühten sich die Bader, die Barbiere und die Posticheure (Perückenmacher) um die Verschönerung der Menschen. Allmählich verschmolzen diese Zweige so miteinander, daß das Frisörhandwerk in seiner heutigen Form entstand. Bis vor der Jahrhundertwende bedienten die Barbiere ihre Kunden noch in ihrer Wohnung. Der Frisör Harry Schwinn tat dies sogar noch nach dem letzten Krieg verschiedentlich. Das Barbierbecken, das sich der Kunde während der Rasur selbst unters Kinn halten mußte, hängte man später als Symbol über die Ladentüre oder brachte es, wie hier auf dem Bild, am Hauseck an. Beck durfte als approbierter Bader Zähne ziehen, Gelenke einrenken und Gebrochenes schienen sowie mit Pülverchen und Salben kurieren. Zwischen 1950 und 1972 praktizierten in diesem Haus dann sogar richtige Ärzte. Das Haus war zu Anfang des 20. Jahrhunderts von dem jüdischen Handelsmann Heßlein Goldmann bewohnt.

(Quelle: Zeil in alten Bildern, S. 53)