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Hauptstraße 4
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Neidkopf am Torbogen
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"ANNO 1685" zwischen den Erdgeschossfenstern
Hauptstraße 4
Hauptstraße 4
Das Haus bildet heute das Hauptgebäude des Metzgerei-Gasthofs zur "Stadt Zeil". Im Erdgeschoss befindet sich der Laden der Metzgerei und ein Teil der Gaststube.
Im Gegensatz zum zugehörigen, wesentlich kleineren Nachbarhaus steht dieses dreigeschossige Mansarddachhaus traufständig zur Straße. Als eines der wenigen Gebäude der Zeiler Altstadt sind die Fachwerk-Obergeschosse hier noch ganz verputzt. Das Erdgeschoss ist massiv und ebenfalls verputzt. Der Sandstein-Torbogen der ehemaligen Durchfahrt bildet heute das Schaufenster der Metzgerei und trägt als Schlussstein einen Neidkopf. Zwischen den beiden Fenstern des Erdgeschosses ist die Jahreszahl 1685 eingemeißelt. Die ganze Straßenfront zeigt in Form von Simsleisten und Fenstergewänden Gliederung durch Sandsteinelemente, so dass davon auszugehen ist, dass bei einem frühen Umbau starke Eingriffe in die Fachwerkstruktur der Obergeschosse vorgenommen worden sind.
Aus Ludwig Leisentritt: Zeiler Gaststätten
Das Gasthaus entwickelte sich erst im vorigen Jahrhuhndert aus einer Bäckerei.
1805 gehörte dieses Haus dem damaligen Bürgermeister Christian Schwager. Er war das Stadtoberhaupt zu der Zeit als die Franzosen 1796 die Stadt bevölkerten und mit der Brandschatzung drohten.
1816 wird Aberich Pottler, ebenfalls Bürgermeister ,mit einer Bäckerprofession versehen erwähnt.
1829 nimmt Adam Kraus das Anwesen in Besitz.
1838 kauft Adam Kraus von Michael Steininger für 200 fl das Real-, Brau- und Schankrecht welches er von Michael Brand mit dem Gasthause in der Brauhausgasse (gegenüber dem Alten Brauhaus) erkaufte. Kraus transferierte dieses Recht auf das Haus am Marktplatz, wo er eine Wirtschaft eröffnete.
1844 ließ sich Adam Kraus - ein weiterer Bürgermeister der Stadt - die Errichtung einer Kellerwirtschaft am Stadtausgang nach Haßfurt - östlich des heutigen Anwesens Weigmann - genehmigen. Hierfür trat ihm die Stadt Zeil ein "ödes Plätzchen" ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich hier schon eine Kegelbahn befunden. Der Sommerbierkeller hatte einen Vorkeller der ca. 3,50 m lang war Über 21 Treppen gelangte man in den Hauptkeller. Dieser maß 130 Fuß ( ca. 40 Meter) Auf diesem Keller stand das Kellerhaus um das sich im Sommer die Gäste scharten. Die Kegelbahn war mit steinernen Platten belegt, was als Neuheit galt, denn die meisten Kegelbahnen bestanden nur aus Lehmboden. In den 30er Jahren befand sich im nunmehrigen "Hertleinskeller" ein Billiardtisch.
1851 kauft Kraus, der von 18.. - 18.. auch Bürgermeister war - von der Stadt einen "steinigen Gemeindeplatz unterhalb seines Felsenkellers zur Anlegung einer Fässerhalle.
1863 erwirbt Wilhelm Wirth das Gebäude. Dieser tat sich besonders patriotisch während des Krieges gegen Preußen hervor, indem er den im Zeiler Bahnhof haltenden Militärzügen Bier und Brotzeiten brachte. Die Soldaten und ihre Pferde waren zumeist in Marsch in Richtung Kissingen, wo bekanntlich die große Entscheidungsschlacht stattgefunden hat.
1866 kauft Otto Eulbacher von Röllbach das Anwesen mit allem Umgriff.
1872 erwirbt der Würzburger Holzhändler August Schmitt das Haus und
1874 meldet A. Dörflinger eine Schenkwirtschaft an und
1876 Christian Barth von Steinbach. Bier lieferte damals der Ziegelangerer Bierbrauer Reiser, der
1879 das Anwesen übernahm. Zur Gaststätte gehörte auch der Bierkeller vor der Stadt. Dieser "Reiserskeller" war in den heißen Sommermonaten ein beliebtes Ziel der Zeiler, zumal dort auch gekegelt werden konnte.
1884 wurde in er Gastwirtschaft der Turnverein gegründet.
1895 erwirbt der Metzger Andreas Hertlein das Anwesen, das seither im Familienbesitz ist. Hertlein legte noch mehr den Schwerpunkt auf den
Sommerbierkeller am Stadtausgang nach Haßfurt.
1905 wirbt er im "Haßfurter Tagblatt" für ein Konzert "auf meinem Keller". Im selben Jahr findet dort die Fahnenweihe des Kath. Arbeitervereins Zeil statt. Die Fahnen von 21 Brudervereinen stellten sich hier zum Festzug auf. Die musikalische Umrahmung gestaltete die Kapelle des 1. kgl. Ulanenregiments Bamberg. Es war ein heißer Tag, und das HT schrieb: "Der Festplatz ist kein einheitliches Ganzes und bietet zuwenig Schutz gegen die glühenden Pfeile der Sonne".
1906 und 1907 waren zwei gesellige Jahre. Ein Gartenkonzert und ein Konzert am Fronleichnamstag - jeweils mit der Zeiler Stadtkapelle - sind überliefert.
1912 läßt sich ein Militärkonzert des Zeiler Militärvereins "im schön gelegenen Garten des Herrn Hertlein" nachweisen.
1922 Gründung des Caritasvereins in der "Stadt Zeil".
Während des Ersten Weltkrieges war der Keller als Schutzraum ausgewiesen. In den 30er Jahren (1935) bewohnte die Familie Persch das Kellerhaus. Im Betrieb war noch die Kegelbahn.
In den letzten Kriegstagen des 2. Weltkrieges macht der Hertleinskeller noch etwas Geschichte. Der Holländer de Maal sucht dort Unterschlupf und fädelt zusammen mit einigen Zeiler Bürgern die Kapitulation mit den anrückenden Amerikanern ein.
Der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt spricht im Göllersaal. Ich hatte das Vergnügen am Marktplatz das Auto abzupassen und zum Göller zu geleiten. Ich seh noch heute den VW mit den zwei Hs vor mir. Schmidt war selbst am Steuer, neben ihn eine Frau. Nachdem ich ihn den Weg zum Göller gewiesen hatte, gab mir Schmidt den Auftrag, für Übernachtung zu sorgen. Große Auswahl gab es damals nicht. Hertlein bot sich förmlich an. Ich bestellte beim alten Hertlein ein Doppelzimmer. Ich seh' ihn bildhaft mit seinem Metzgerhemd vor mir. Während des Abend merkte ich dann., daß die ihn begleitende Dame nicht Schmidts Frau, sondern seine Sekretärin war. Ich bin dann sofort zu Hertlein gerannt um meinen Fehler zu korrigieren und das Doppelzimmer in zwei Einbettzimmer umzubestellen. Ein paar Tage später erfuhr ich dann, daß Helmut Schmidt noch mit Anton Pottler, Georg Hofmann und Erwin Rausch in der Gastwirtschaft Hertlein vorm Bettgehn Skat gespielt hat.