Hermann Mauer hat sich mit seiner Chronik um die Stadt Zeil überaus verdient gemacht. Und noch immer ist sie das Standardwerk zur Zeiler Geschichte. Allerdings ist die Forschung in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht stehengeblieben (s. Andraschke), so dass sich so manche Annahme Hermann Mauers wohl nicht mehr halten lässt. Der Verfasser dieser Website hofft auf eine baldige alternative Darstellung. Unter Vorbehalt und als Diskussionsgrundlage hier Hermann Mauers Text zur frühen Zeiler Geschichte:
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Auszüge aus: Chronik der Stadt Zeil am Main... Erst im frühen 11. Jahrhundert tritt eine curtis Zilin als landwirtschaftlicher Großhof der Markgrafen von Schweinfurt in Erscheinung. Daraus erwuchs im Lauf der Zeit die heutige Stadt Zeil. Kaiser Heinrich II., der Heilige, erwarb damals neben anderen Siedlungen diesen Großhof, um ihn als Ausstattung für eine seiner kirchlichen Neugründungen im Mündungsgebiet Regnitz/Main zu verwenden. Zilin darf mit einer flächenmäßig gut ausgestatteten Domäne etwa des 19. Jahrhunderts verglichen werden. Man kann in ihr sogar die bescheidene Nachahmung der karolingischen Mustergüter, der sogenannten Königshöfe, erblicken. Die Beifügung "curtis" zum Siedlungsnamen bedeutete damals soviel wie fürstliche Hofhaltung oder Pfalz. Zu den Großen des Reiches zählten unstreitig die dem hohen Adel angehörigen Vorbesitzer, die Herren in Schweinfurt. Immer wieder einmal werden sie, und sei es auch nur zur Jagd, in ihrem ländlichen Besitz Zilin geweilt haben, zumal dieser ja von einer wichtigen West-Ost-Verbindungsstraße längs des Maintals berührt wurde und also leicht zu erreichen war. Das zu diesem Großhof gehörige Gelände setzte dicht bei dem heutigen Dorf Augsfeld ein. Es zog sich längs des Nordufers des Mains bis zum Steinbach hin, eine Längenausdehnung von etwa 7 km in der Luftlinie aufweisend. Nach Nordosten zu griff es in den waldbedeckten Auslauf der Haßberge über. Es fehlten ihm also weder benötigtes Ackerland, noch weiträumige Wiesgründe und Weideflächen im Tal und auf den sanft aufsteigenden beiderseitigen Hängen, erst recht aber kein Wald. Wesentlich anders als heute sah es im Mainland um Zilin damals aus. Busch- und Baumgruppen nahmen der Flussebene alle Übersichtlichkeit. Weitbogig floss der Main dahin. Zahlreiche Altwässer bargen in ihren hohen Schilfbeständen ein reiches Wasservogelleben. Nur bei den kleinen Siedlungen Haßfurt und Eltmann bestanden Flussübergänge, keine Brücken. Von Augsfeld und Sand war noch nichts zu sehen. Zell a. Ebersberg, Ziegelanger, Schmachtenberg, Krum und Bischofsheim harrten der Begründung. Wald reichte viel ausgedehnter als gewärtig von den Bergen und Hügeln herab ins Tal. Unweit seines Randes erhob sich Zilin, dessen nicht übermäßig umfangreiche Ackerflur zur Hauptsache wohl auf einem ziemlich schmalen hochwasserfreien Streifen beiderseits des Großhofes lag. Obwohl keine Beschreibung dieser Siedlung vorliegt, darf doch angenommen werden, dass sich in ihr als Mittelpunkt ein fester Bau, der Sitz des Verwalters, erhob, der auch von Fall zu Fall als angemessene Unterkunft des Herrn dienen konnte. Um ihn gruppierten sich die mit Schilf oder Stroh gedeckten niederen Hütten der Knechte und Mägde, wahrscheinlich auch solche von Eigenleuten (Hörigen) und Leibeigenen, welche nach Gepflogenheiten jener Zeit zum "Inventar" des Hofes gehörten und mit ihm vergeben oder verkauft wurden. Wirtschaftsgebäude, wie Ställe zur Unterbringung der Pferde und des Großviehs während der unwirtlichen Wintermonate, Scheunen und Schuppen füllten den von einem festen Hagzaun, vielleicht sogar von einem Wall mit vorgelegtem Graben umschlossenen rückwärtigen Teil der Siedlung aus. Die Zeiten waren ja nicht sicher. Immer wieder einmal lagen sich die Großen des Reiches in den Haaren. Mit feindlichem Überfall, mit Plünderung und Wegführung des Viehs musste gerechnet werden. Deshalb war für ein Mindestmaß an Sicherung auch dieser Siedlung gesorgt worden. An Zilin vorbei führte, wie schon erwähnt, jener bedeutsame Straßenzug, welcher die westlichen und die östlichen Grenzgebiete des Reiches der Deutschen verband. Er benützte zur Hauptsache Terrassen des rechten Mainufers. Der Handel bediente sich seiner; in Kriegszeiten benützten ihn selbstverständlich streitende Parteien. Ausweislich des Geländes zwischen Haßfurt und Ebelsbach wurde sein Verlauf kaum viel geändert. Das später zu einem Dorf und einer Kleinstadt angewachsene Zeil durchquerte er um 1400 in der Linie Obere Torgasse - Südteil des Marktplatzes - Lange Gasse - Untere Torgasse. Gegen 1000 führte er an der curtis außen vorbei. Deren Baulichkeiten müssen deshalb im Raum Obertor - Marktplatz - Kaulberggässlein auf gemächlich aufsteigendem Hang gesucht werden. An dieser Stelle wird auch im "Handbuch der historischen Stätten Deutschlands"14 der Siedlungskern vermutet. Im Stadtplan von 1848 hebt er sich noch nach 900 Jahren ziemlich eindeutig heraus. Von hier vermochte der Blick weit über die Mainaue zu schweifen, flussauf und flussab, und alle Baulichkeiten lagen tagsüber in der Sonne, während bei Regen das Wasser ohne Behinderung abfließen konnte. Gelegentlich der Neupflasterung des Marktplatzes im Sommer 1968 wurde versucht, irgendwelchen bezeichnenden Nachlass aus der Zeit des Großhofes aufzufinden. Leider gab der nur in geringer Tiefe abgeräumte Boden lediglich etwas spätmittelalterliches Gescherbe und verschiedenste Menschen- und Tierknochen wohl aus ebendieser Zeit preis. Brandspuren zu Füßen der Häuser, welche den Platz nach Westen hin begrenzen, sind Schäden während des Dreißigjährigen Krieges zuzurechnen. Auch die Überprüfung der wenigen wieder geöffneten Leitungsgräben und Abflussschächte blieb erfolglos. Weil nun Ortsnamen als wichtige - allerdings ungeschriebene - Urkunde für eine menschliche Niederlassung angesehen werden, wurde mehrfach schon versucht, aus dem Namen Zilin Schlüsse über bezeichnende Merkmale der curtis zu ziehen. Drei Ausdeutungen liegen vor. Da meinte man, dies Wort mit Straßen-Zeile in Verbindung bringen zu können. Danach leite sich die Benennung der Siedlung von ihrer ursprünglichen Aufreihung längs der Altstraße her. Allein um oder gar vor 1000 gab es keine "Straßendörfer" im heutigen Sinn. Auch lässt sich die Aufreihung weder mit den Zuordnungsnotwendigkeiten in der Gebäudelage eines landwirtschaftlichen Großbetriebs, noch mit den einfachsten Sicherungsmaßnahmen in Einklang bringen. Dagegen spricht ferner die Tatsache, dass es vor 100 Jahren in ganz Bayern mit Einschluss Frankens keine zweite Gemeinde mit dem Ortsnamen "Zeil", wohl aber eine Anzahl von Weilern und Einöden dieser Benennung gab. Es mögen nach J. Eisenmann (Topo-geographisches Lexikon vom Königreiche Bayern, Erlangen 1840, Teil II, Sp. 1158) etliche aufgezählt werden:
Beachtenswert ist hingegen die vorgeschlagene Herleitung des Ortsnamens Zilin von dem althochdeutschen Wort "zile", das soviel wie Dorngebüsch bedeutet. Danach hätte der Großhof wegen der Nähe ausgedehnter Geländebewachsung mit Wildrosen, Schwarz- oder Weißdorn bei seiner Erbauung den Namen erhalten16. Gestützt könnte diese Deutung durch die Tatsache werden, dass ein guter Teil der deutschen Ortsnamen bei ihrer Bildung in altersgrauer Vergangenheit sprachlich im 3. Fall stand. So wurde aus "Zu den München" München, aus "Zum hohen Ried" Hohenried, aus "Zum breiten Güßbach" Breitengüßbach und aus "Zum alten Stein" Altenstein. Dementsprechend ist die Entstehung der ältesten Ortsbezeichnung Zilin für Zeil aus der sprachlichen Bezeichnung "Zu den zilen" durchaus möglich. In diesem Zusammenhang müsste überlegt werden, ob die curtis ihre Benennung nicht gar von jener nahegelegenen steilen Anhöhe empfing, die gegenwärtig "Kapellenberg" geheißen wird. Noch 1348 wurde sie "mons Zeil", das ist Zeilberg, genannt17. Sie trug schon vor 1250 eine Burg, für deren Baulichkeiten allerdings das durch einen breiten Trockengraben vom Höhenrücken abgeschnittene befestigte Gelände viel zu weiträumig ist. Es erbebt sich der nicht unbegründete Verdacht, dass die damalige mittelalterliche Befestigung in die Fläche eines älteren Wehrbaues, etwa einer Fliehburg, hineingesetzt wurde. S. 27-31 |